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Was sind Anpassungsstörungen?

Was sind Anpassungsstörungen und wie äußern sie sich?

Anpassungsstörungen beziehen sich auf den Prozess, der nach einem außergewöhnlichen, meist belastenden Lebensereignis eintritt. Der Betroffene kann die Situation nur schwer oder gar nicht bewältigen und reagiert mit negativen Gefühlen und/ oder sozialem Rückzug. Seine Leistungen in Schule oder Beruf fallen mehr und mehr ab, so dass auch hier ein hoher Leidensdruck entsteht.

Was sind Anpassungsstörungen (© thingamajiggs / stock.adobe.com)

Was sind Anpassungsstörungen (© thingamajiggs / stock.adobe.com)

Bei der Anpassungsstörung spielt die objektive Härte oder Schwere eines Ereignisses nicht die ausschlaggebende Rolle. Entscheidend ist, wie der Betroffene auf diese Ereignisse oder Situationen reagiert. So kann es durchaus zu Reaktionen kommen, die von Außenstehenden als unangepasst oder überzogen wahrgenommen werden.

Für den Betroffenen steht die subjektive Wahrnehmung und Einschätzung eines Lebensereignisses im Vordergrund. Bei seiner subjektiven Wahrnehmung und Beurteilung von Ereignissen spielen auch vorherige schwierige Situationen, die individuelle Belastbarkeit und seine allgemeinen Bewältigungsfähigkeiten eine Rolle (siehe: geringe psychische Belastbarkeit, Stressbewältigung Definition).

Viele Reaktionen, die auch zum Krankheitsbild der Anpassungsstörung passen, sind zunächst völlig normale Reaktionen auf schwer wiegende äußere Ereignissen wie Krieg, Vertreibung oder Flucht. Auch Arbeitsplatzverlust, Verlust geliebter Menschen, Scheidung und ähnliche Ereignisse können für einen langen Zeitraum negative Reaktionen nach sich ziehen. Bei einer Anpassungsstörung jedoch greifen derartige negative Emotionen auf beinahe alle anderen Lebensbereiche über und machen es dem Betroffenen unmöglich, ein normales soziales Leben zu führen.

Betroffene machen sich ständig Sorgen über alle möglichen Dinge, neigen zu übermäßigem Grübeln und plagen sich mit wiederkehrenden belastenden Gedanken. Sie verlieren das Interesse am sozialen Leben, vernachlässigen Beziehungen und Freizeitbeschäftigungen und zeigen auch wenig Engagement im beruflichen Leben. Es kommt zu Angstgefühlen, zu Konzentrationsschwächen und Schlafstörungen.

Anpassungsstörungen beginnen innerhalb von vier Wochen nach dem einschneidenden Ereignis und dauern – außer bei einer depressiven Reaktion von bis zu zwei Jahren – in der Regel nicht länger als sechs Monate.

Klassifizierung und Differenzialdiagnose im ICD- 10

Im internationalen Klassifizierungssystem von Krankheiten, dem ICD-10 findet sich die Anpassungsstörung unter den psychischen Erkrankungen im Bereich von neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen. Sie gehört neben der „Akuten Belastungsreaktion“ und der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ zur Gruppe der Belastungs- und Anpassungsstörungen. An Hand von verschiedenen diagnostischen Kriterien ist sie von den anderen Belastungsstörungen abzugrenzen.

Zur Differenzialdiagnose werden die Schwere der auslösenden Ereignisse, die Schwere der darauf folgenden Symptomatik und der Zeitpunkt des Auftretens der Symptome herangezogen. Anpassungsstörungen entstehen immer als direkte Folge der als belastend empfundenen äußeren Ereignisse. Dabei richtet sich die Einschätzung eines Ereignisses / einer Situation nach subjektiven Kriterien; die Symptome fallen unterschiedlich aus.

Die Anpassungsstörung gliedert sich in verschiedene Subtypen:

  • kurze depressive Phase als Reaktion
  • längere depressive Phase als Reaktion, die bis zu zwei Jahre anhalten kann
  • Angst und depressive Phasen als gemischte Reaktion
  • die Beeinträchtigung anderer Gefühle steht im Vordergrund
  • die Beeinträchtigung des Sozialverhaltens steht im Vordergrund
  • Störung von Gefühlserleben und Sozialverhalten gemischt

Welche Ursachen liegen bei Anpassungsstörungen vor?

Die auslösenden Momente, die sogenannten Stressoren, können aus ganz „normalen“ Lebensbereichen kommen. Es kann sich um familiäre oder berufliche Konflikte handeln (Konflikte erkennen), um finanzielle Schwierigkeiten oder rechtliche Probleme oder um Krankheits- oder Todesfälle. All diese Ereignisse können jeden Menschen im Verlauf seines Lebens treffen. Wer allerdings an Anpassungsstörungen leidet, für den kann schon ein ganz „normaler“ Umzug zu Anpassungsschwierigkeiten führen.

Die Grenze zu ziehen zwischen einer normalen Reaktion und dem Auftreten einer psychischen Störung, ist in diesem Fall nicht ganz einfach. Schließlich sind starke Gefühle wie Trauer und Wut oder das Gefühl der Hilflosigkeit in bestimmten Situationen durchaus normal und berechtigt. Dennoch ist bei einer normalen Reaktion auch weiterhin ein situationsangepasstes Verhalten in allen anderen Bereichen möglich, während bei einer Erkrankung auch viele andere Lebensbereiche betroffen sind.

Dabei werden Art und Schwere der Störung von folgenden Faktoren beeinflusst:

  • den aktuellen Lebensumständen
  • der Art, der Dauer und der Schwere der belastenden Umstände
  • den bereits bestehenden Belastungssituationen, eventuell seit der Kindheit
  • der psychischen Widerstandskraft eines Menschen (wie resilient ist jemand?)
  • der grundsätzlichen Fähigkeit, negative Ereignisse zu verarbeiten

Außerdem haben das soziale Umfeld, die familiäre Situation und der Beziehungsstatus einen gewissen Einfluss darauf, welchen Verlauf die Anpassungsstörung nehmen wird. In manchen Fällen sind therapeutische Maßnahmen unumgänglich.

Therapeutische Möglichkeiten bei Anpassungsstörungen

• Gesprächstherapie

Eine Gesprächspsychotherapie nach Rogers mit zwölf Sitzungen scheint in vielen Fällen von Anpassungsstörungen eine geeignete Maßnahme zu sein, um dem Patienten wieder eine normale Teilhabe am Leben zu ermöglichen. Entsprechende Untersuchungen haben ergeben, dass danach erhebliche Verbesserungen im Selbstbild und in der Selbstbeurteilung eingetreten sind.

• Verhaltenstherapeutische Maßnahmen (Verhaltenstherapie)

Bei Anpassungsstörungen können auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen hilfreich sein. Betroffene lernen, ihre negativen Gedanken umzustrukturieren und bekommen gleichzeitig neue Strategien an die Hand, mit denen sie ihren Alltag besser bewältigen. Natürlich stehen vor Beginn der therapeutischen Interventionen eine umfangreiche Besprechung und Klärung der individuellen Situation.

In der therapeutischen Sitzung arbeiten Arzt und Patient die Situationen heraus, die Schwierigkeiten bereiten. Auch die auftretenden Symptome muss der Patient genau beschreiben. Außerdem wird die Vergangenheit durchleuchtet nach ähnlichen belastenden Ereignissen und den Reaktionen darauf. Vielleicht finden sich hier schon praktizierte Bewältigungsansätze, die der Patient auch auf seine aktuelle Situation anwenden kann.

Eine wichtige Rolle spielt auch das soziale Umfeld. Eventuell gibt es hier Unterstützung bei den eingeleiteten Therapiemaßnahmen.

Wichtig bei der Therapie ist auch die genaue Abklärung des Krankheitsbildes. Manchmal überschneiden sich die Symptome von Angststörungen und Depressionen mit denen einer Anpassungsstörung. Dann müssen die erstgenannten psychischen Erkrankungen vorrangig behandelt werden.

• Medikamentöse Behandlung

Eine medikamentöse Behandlung, die speziell auf die Anpassungsstörung ausgerichtet ist, gibt es nicht. Allerdings können mit verschiedenen Mitteln, die bei anderen Krankheitsbildern zum Einsatz kommen, die meisten Symptome abgemildert werden.

Im Rahmen der therapeutischen Behandlung können Antidepressiva zeitlich begrenzt zum Einsatz kommen. Im Fall erheblicher Unruhe- und Erregungszuständen werden Beruhigungsmittel und – seltener – Neuroleptika angewendet. Auch natürliche Heilmittel wie z.B. Johanniskraut oder ähnliche können hier ihre Wirkung tun.


Videos zur Anpassungsstörung auf YouTube

Unter dem Titel ‚Anpassungsstörung – Psychische Störungsbilder‘ erklärt der Heilpraktiker für Psychotherapie Lukas Rick die Symptome, die Ursache, die Diagnosemöglichkeiten und das differenzialdiagnostische Verfahren, sowie die Folgen, die Komplikationen und die Therapiemöglichkeiten dieses Krankheitsbilds.

Mit Belastungs- und Anpassungsstörungen befasst sich das Lernvideo 21, das die Problematik der Anpassungsstörung in einem größeren Zusammenhang zeigt.


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Quellen und weiterführende Ressourcen:

  • neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/erkrankungen/anpassungsstoerungen/was-sind-anpassungsstoerungen/
  • Jürgen Koeslin, Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker, Urban und Fischer, München 2011
  • de.wikipedia.org/wiki/Anpassungsst%C3%B6rung
  • aerzteblatt.de/archiv/55204/Anpassungsstoerungen-Wenig-beachtet-und-kaum-untersucht
  • oberbergkliniken.de/krankheitsbilder/anpassungsstoerungen