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Tendenz zur Übersteuerung – verstehen und einkalkulieren

Übersteuern und ins Schleudern geraten (© WoGi / Fotolia)

Warum wir ständig gegensteuern müssen
Alles könnte so einfach sein, wenn wir es mit unseren Handlungen, Eingriffen und Veränderungen nicht immer übertreiben würden. Viele Projekte, Steuerungsmaßnahmen und Veränderungseingriffe erzielen nur deshalb nicht die erwarteten Ergebnisse, weil …

 

Was genau meint der „Schweinezyklus“?

Das Phänomen zyklischer Veränderungen in Angebot und Nachfrage wurde zum ersten Mal im Viehhandel beobachtet und beschrieben. Daher stammt der Begriff „Schweinezyklus“, der seither aber auch auf andere Wirtschaftszweige übertragen wurde. Der Schweinezyklus ist keine Erscheinung erst der heutigen Märkte, sondern schon sehr lange zu beobachten. Erste Forschungen zu dieser ökonomischen Erscheinung wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts veröffentlicht.

Das Spinnennetz-Modell

Grundlage des Schweinezyklus ist das Spinnweben-Modell, das von dem Ökonomen Nicolas Kaldor so genannt wurde. Es beschreibt die Fluktuation auf dem landwirtschaftlichen Markt, insbesondere dem Viehhandel. Durch die Verzögerung von Nachschub – weil es eine Weile dauert, bis das Vieh großgezogen wurde und verkauft werden kann – entstehen Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage. Wenn die Preise hoch sind, wird mehr investiert. Dies erscheint zunächst paradox – doch die Nachfrage bestimmt den Preis. In Zeiten hoher Nachfrage sind Käufer auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen. Durch die Zeit, die benötigt wird, um neues Vieh heranzuzüchten, entsteht zunächst eine Ressourcen-Knappheit, auf die die Viehzüchter mit vermehrter Zucht reagieren. Wenn die Tiere alt genug sind, um verkauft zu werden, entsteht durch die vermehrte Zucht aber eine Sättigung des Marktes: Es werden mehr Tiere zum Kauf angeboten als es Kaufinteressenten gibt. Dadurch sinken die Preise. Gleichzeitig wird die Viehzucht wieder reduziert. In der Folge entsteht in absehbarer Zeit wieder eine Angebots-Knappheit. Stellt man dieses Phänomen in einer Grafik dar, entsteht eine Struktur, die aussieht wie ein Spinnennetz, siehe auch http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/cobweb-theorem.html.

Der Schweinezyklus auf dem Arbeitsmarkt

Dieselben Regelmäßigkeiten findet man jedoch nicht nur auf dem Viehmarkt, sondern auch in anderen Branchen. So wird der Arbeitsmarkt von denselben Gesetzen bestimmt: Hohe Löhne in einer bestimmten Branche führen zu einer erhöhten Zahl von Auszubildenden bzw. Studierenden der entsprechenden Fächer. Wenn alle Nachwuchs-Arbeitnehmer ihre Ausbildung bzw. ihr Studium beendet haben und sich auf Jobsuche machen, dann ist das Angebot qualifizierter Fachkräfte höher als die Zahl freier Jobs auf diesem Gebiet. Die Jobaussichten sind nun viel schlechter, als sie zu Beginn der Ausbildung oder des Studiums erschienen. Dadurch sinken die Löhne – was wiederum junge Menschen auf der Suche nach einer Ausbildung davon abschreckt, sich auf das betreffende Fachbgebiet zu spezialisiseren. Nach einiger Zeit wird daher ein absehbarer Fachkräftemangel eintreten. Der Schweinezyklus beginnt von Neuem.

Der Schweinezyklus – ein ökonomisches Phänomen

Die zwei Wörter, die Wirtschaftswissenschaftler mit Abstand am häufigsten benutzen, sind sicherlich „Angebot“ und „Nachfrage“. Tatsächlich sind dies die beiden Kräfte, die alle ökonomischen Märkte bestimmen. In einem perfekt funktionierenden Markt würden Angebot und Nachfrage in einem exakt ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen: Es gäbe gerade so viel Angebote wie Nachfragen. Dabei gäbe es weder Überschüsse noch Engpässe. Leider existiert ein solcher Markt im Grunde nur in der Theorie. Die meisten Märkte streben diesen Punkt der Ausgewogenheit an, doch nur selten wird er erreicht – und wenn, dann ist der Zustand nur von kurzer Dauer. Das liegt daran, dass der Moment, in dem die Produktion eines Produkts abgebrochen werden muss, da die Nachfrage stagniert und der Markt gesättigt ist, fast nie richtig getroffen wird.

Wie Firmen vom Schweinezyklus betroffen sind

Das Phänomen des Schweinezyklus hat große wirtschaftliche Nachteile für Firmen, die in betroffenen Märkten agieren. Kein Wunder, dass sehr großer Aufwand getrieben wurde, um die dahinter steckende Systematik zu verstehen und eine Lösung dafür zu finden. Leider existiert der Schweinezyklus immer noch und eine Lösung, die einen Markt in zufriedenstellender Balance hält, wurde noch nicht gefunden. Es gibt jedoch Versuche, die negativen Auswirkungen des Schweinezyklus zu mildern und zu kontrollieren. In manchen Branchen versucht auch die Regierung regulierend in den Schweinezyklus einzugreifen – nicht immer gelingt das zum Positiven, wie zum Beispiel die in den 70er-Jahren eingeführte und inzwischen schon wieder abgeschaffte Milchquote belegt, die dazu führte, dass Bauern nur eine bestimmte Menge Milch produzieren durften und darüber hinausgehende Produktion verworfen werden musste.

Immobilienmarkt

Der Immobilienmarkt ist ein exzellentes Beispiel für das Phänomen des Schweinezyklus und war ein wichtiger Faktor der weltweiten Wirtschaftskrise seit 2010. Dieser Markt hängt zugleich sehr stark von staatlichen Regulierungen ab. Häufig ist der Beginn des Schweinezyklus auf dem Wohnungsmarkt durch ein staatliches Eingreifen in Bewegung gesetzt worden – die zwar gut gemeint waren, aber ihr Ziel verfehlt haben. Ein Problem dabei ist, dass auf dem Immobilienmarkt die Effekte von regulierenden Eingriffen erst mit langer zeitlicher Verzögerung sichtbar werden. Daher sind sie nur schwer vorherzusehen – und wenn sie sich abzeichnen, sind sie kaum noch zu stoppen, da der Wohnungsmarkt sehr langsam reagiert. Es dauert eben lange, bis z.B. neuer Wohnraum geschaffen wird, wenn die Nachfrage größer ist als das Angebot. Umgekehrt dauert es lange, bis zufriedenstellende Lösungen für leerstehenden Wohnraum gefunden sind, wenn aufgrund einer erhöhten Bautätigkeit mehr Immobilien geschaffen wurden als nachgefragt werden.

Gibt es eine Lösung?

Der Schweinezyklus betrifft sehr viele Wirtschaftszweige weltweit. Das Problem ist immer dasselbe: Firmen verlieren Geld, weil sie ihre Produkte zu einam ungünstigen Zeitpunkt auf den Markt bringen, nämlich im „Tal“ der Nachfrage des Schweinezyklus. Dadurch entsteht ein Wertverlust der angebotenen Ware. Auf der anderen Seite könnten Firmen auf dem „Berg“ des Schweinezyklus einen größeren Gewinn mit ihren Waren machen – jedoch sind sie nicht in der Lage, die nachgefragte Menge zeitnah zu liefern. In der Landwirtschaft, im Immobilien- und Arbeitsmarkt erfährt fast jeder Mensch die negativen Auswirkungen des schwankenden Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage am eigenen Leib. Eine generelle Lösung für den Schweinezyklus zu finden ist jedoch sehr schwierig und bislang noch nicht gelungen. Allen denkbaren Lösungsansätzen ist eines gemeinsam: Man müsste in der Lage sein, die Entwicklung des Marktes präzise vorherzusagen – einschließlich des genauen Zeitpunktes der Höhepunkte beziehungsweise Tiefpunkte der Nachfrage nach einem bestimmten Produkt. Dann müsste man die Produktion so einstellen, dass sie der Nachfrage exakt und ohne jede zeitliche Verzögerung entspricht. Die Bemühungen gehen also dahin, die Daten eines Marktes, die Preise und Verkaufszahlen, möglichst umfassend zu erfassen. Auf dieser Datengrundlage versucht man, einen zuverlässigen Blick in die Zukunft zu wagen. Leider ist auch mit gründlichster Marktrecherche bislang noch niemand in der Lage, zukünftige Entwicklungen dermaßen genau abzusehen. Denn es spielen immer auch Faktoren in das Spiel zwischen Angebot und Nachfrage hinein, die man nicht abschätzen kann: Von einer neuen Firmengründung oder einer Firmenschließung – die das Angebot plötzlich verändern können – bis zu unberechenbaren „Moden“ auf Seiten der Verbraucher, die die Nachfrage bestimmen: Die beste Kalkulation kann durch überraschende Entwicklungen auf dem Markt jederzeit wieder zunichte gemacht werden.