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Pars pro toto-Effekt und Stereotype: Wie wir unsere ‚Menschenkenntnis‘ und Wahrnehmung verzerren können

Bias: Voreingenommenheit durch Klischees, Vorurteile, Stereotype (© tashatuvango / Fotolia)

Verallgemeinerungen und Stereotype können täuschen

„Pars pro toto“ heißt „Der Teil steht für das Ganze“. Das dahintersteckende Prinzip führt im sozialen Alltag zu etwas, was wir oft als „Stereotype“ bezeichnen. Wir nehmen einen Teil des Menschen wahr und übertragen und verallgemeinern diese Beobachtung auf den ganzen Menschen. Dies passiert meist völlig unbewusst.

Auf diese Weise entstehen Klischees, Vorurteile und Wahrnehmungsverzerrungen. Dieser Vorgang geschieht keineswegs mit böser Absicht sondern ist das Ergebnis einer grundsätzlich nützlichen Fähigkeit des Menschen: Wir können uns in Bruchteilen einer Sekunde ein Bild von einer Person, einer Sache oder einer Situation machen. Diese Fähigkeit ist notwendig, um kritischen Situationen schnell analysieren zu können und eine Entscheidung zu treffen. Dass die dabei vorgenommenen Einschätzungen sich später als falsch oder irreführend erweisen, interessiert im ersten Moment nicht, in dem es um Lebensgefahr oder zumindest eine schnelle Reaktion auf einen Kontakt, ein Angebot, einen Angriff o.ä. geht.

(Vor)Schnelle Urteile über einen Mitmenschen

Der Pars pro toto-Effekt und die damit verbundenen Wahrnehmungsverzerrungen treten in der Praxis so häufig auf, weil wir oft gezwungen werden, aufgrund beschränkter Informationen spontan Urteile über andere Menschen abzugeben. Als Indikatoren für unsere Einordnung nehmen wir dabei bruchstückenhafte Beobachtungen über das Ausdrucks-, Bewegungs- und Sprachverhalten eines Menschen zugrunde, außerdem das äußere Erscheinungsbild und die soziale Herkunft. Auf diese Weise schreiben wir einerseits Menschen mit bestimmten beobachteten Merkmalen ganz spezifische Persönlichkeitseigenschaften zu. Beispiele dafür:

  • Aus Gesichter mit Falten in den Augen schließen wir eine gewissen Weisheit, Liebenswürdigkeit, Freundlichkeit.
  • Hinter Brillenträgern vermuten wir intelligente, gelehrige und fleißige Menschen, die ihre Augen durch zu viel Studieren überanstrengt haben.
  • Auch Menschen mit hoher Stirn und hohem Haaransatz wirken intelligent und weltoffen auf uns – „sie haben mehr Platz für Hirn“ und sind weniger „engstirnig“.

Andererseits weisen wir im Sinne von Stereotypen ganzen Personengruppen bestimmte Eigenschaften zu:

  • Programmierer sind dann nicht sozial kompetent und trinken den ganzen Tag Kaffee.
  • Vertriebler und Verkäufer sind oberflächlich freundlich, wie es ihnen eben in Vertriebstrainings beigebracht wird.
  • Beamte werden plötzlich als bequem und faul gescholten.

Diese Stereotype, die aus der Verallgemeinerung einzelner Beobachtungen und Übertragung auf den ganzen Menschen oder eine ganze Menschengruppe resultieren, sind ein Hilfsmittel, um Menschen schnell einzuordnen und eine erste Entscheidung über Aktionen und Reaktionen zu treffen. Die Wirkungsweise und praktische Bedeutung dieser Wahrnehmungsverzerrungen zu kennen, ist im Rahmen der Menschenkenntnis als Soft Skill ein wesentlicher Aspekt.

Das Bewusstsein dafür, dass Stereotype und der Pars pro toto-Effekt uns nützlich sind, aber nach der ersten Einordnung eines Menschen hinterfragt und ggf. revidiert werden müssen, bildet die Grundlage dafür, mit der eigenen Menschen“kenntnis“ auch richtig zu liegen bzw. Fehleinschätzungen und damit möglicherweise auch unangemessenes Verhalten bestimmten Menschen gegenüber zu korrigieren. Somit erklärt sich auch die Einordnung von Menschenkenntnis in das breite Kompetenzfeld der „Sozialen Kompetenz“.

Zusammenfassung

  • Der Pars pro toto-Effekt beschreibt das Phänomen, dass wir von einzelnen beobachteten Merkmalen verallgemeinerte Rückschlüsse auf die Gesamtheit einer Person oder Gruppe schließen.
  • Die aus dem Pars pro toto-Effekt resultierenden Einschätzungen, Vorurteile und Klischees sind Wahrnehmungsverzerrungen und werden auch als Stereotype bezeichnet.
  • Die Wirkung und Wirkungsweise solcher Wahrnehmungsverzerrungen zu kennen und zu erkennen ist wichtig, um spontante Urteile und Einschätzungen im Sinne echter Menschenkenntnis zu überprüfen und ggf. zu revidieren.

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